Von Liebe und Freundschaft, von Angst und Tapferkeit und Mut
Es ist dem Verlag nicht vorzuwerfen, nicht gewarnt zu haben
vor den Risiken und Nebenwirkungen, die dieses Buch mit sich bringt. Der Titel
sagt alles „Das Labyrinth jagt dich“ – und er ist unbedingt wörtlich zu
verstehen.
Wer meint, er könne das Buch in die Hand nehmen und dann und
wann wieder zur Seite legen, um zu arbeiten, zu essen oder gar zu schlafen, der
lasse es darauf ankommen. Mir ist dies nicht gelungen.
Wo Band 1 der Trilogie mit Spannung überzeugt, die aus einem
ganz und gar rasanten Schreibstil resultiert, brilliert der zweite Band mit
einer so einzigartigen Geschichte, wie sie mir nur selten begegnet ist. Mit
diesem Folgeband gelingt dem Autor etwas, das nur wenige schaffen. Ohne Frage
übertrifft dieser Teil den Anfang der Geschichte bei weitem. Er stellt ihn in
den Schatten, verweist die Beschreibung der ersten beiden Welten auf die Plätze
und schafft wieder etwas ganz Neues, etwas absolut Unerwartetes.
Nur die ersten fünf Sätze zu lesen, reichte aus, und ich war
dieser Geschichte völlig ausgeliefert. Sie nahm mich gefangen, jagte mich bis
zur letzten Seite und lässt mich bis heute nicht mehr los. Es ist eine große
Geschichte, die da erzählt wird. Von Freundschaft, von Liebe, von Tapferkeit,
von Mut und von Angst. Von der Frage, ob man auch tapfer sein kann, wenn man
Angst hat. Und von der Antwort auf diese Frage, dass dies der einzige
Augenblick ist, in dem man wahrhafte Tapferkeit beweisen kann.
Habe ich Band 1 noch als einen Glücksgriff bezeichnet, der
selten genug vorkommt, wenn man als Erwachsener den Griff ins Jugendbuchregal
wagt, so hält der zweite Band dieses Versprechen und übertrifft alle
Erwartungen. Jeder neue Satz, jedes weitere Wort lässt uns mehr vergessen, dass
es eine Geschichte ist, die wir lesen. Wir fiebern, wir bangen, wir haben
Angst. Um unsere Lieblinge, um die Figuren, deren Schicksal wir verfolgen. Im
ersten Band zeigte sich der Autor gnädig, in diesem Teil schlägt er zu. Das
Labyrinth schlägt zu und raubt uns die, die wir zu gern noch weiter begleitet
hätten. Und dennoch: Jeder, der von der Bühne abtritt, erhält den Respekt, der
ihm gebührt. Keiner wird der Spannung wegen geopfert, niemals ist der Autor nur
um des Effekts willen grausam. Er erzählt die Geschichte so, wie sie erzählt
werden muss. Ich denke, diese Kunst beherrschen nur wenige Geschichtenerzähler
– Rainer Wekwerth gehört für mich ganz klar dazu.
Ich habe schon viel gelesen und werde das auch weiterhin
tun. Aber es gibt nur selten Bücher, bei denen ich die letzte Seite umschlage
und mich frage, wie es nun weitergehen soll. Welches Buch ich nun lesen werde.
Weil ich eigentlich gar keines lesen möchte. Und auch nicht tun werde. Nicht
heute und morgen auch nicht. Weil es nicht geht. Weil keines dem Vergleich
standhalten könnte. Später vielleicht - jetzt nicht. Das ist das größte
Kompliment, dass ich einem Buch machen kann.
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